Neuer Therapieansatz bei neonatalen Opiatentzug

„Eat, Sleep, Control“

Diagnose neonatales Abstinenzsyndrom

„Die Diagnose wird heute meist mit dem adaptierten Finnegan-Score gestellt, der 21 verschiedene Punkte im Verhalten der Neugeborenen bewertet. Im Zentrum der Behandlung stand bisher eine vorübergehende und ausschleichende Morphin-Gabe, die dem Neugeborenen den Entzug erleichtern soll. In den USA hat in den letzten Jahren das Konzept „Eat, Sleep, Console“ (ESC) viele Anhänger gefunden. Es erleichtert zum einen die Diagnose. Der Schweregrad des neonatalen Entzugs wird an der Fähigkeit des Säuglings zur Nahrungsaufnahme („Eat“), dem Schlafverhalten („Sleep“) und der Möglichkeit, das Kind zu trösten („Console“), beurteilt.

Behandlung

In der Behandlung wird versucht, durch ruhige, lichtgedimmte Räume das Kind vor externen Stimulationen zu schützen und die Behaglichkeit durch einen Haut-zu-Haut-Kontakt zur Mutter zu erhöhen. Zum ESC-Konzept gehört auch das „Swaddling“, bei dem die Neugeborenen in Tüchern eingewickelt werden. Das Ziel ist, den Einsatz von Morphin zu minimieren. Das ESC-Konzept ist umstritten. Einige Neonatologen befürchten, dass der „kalte“ Entzug ohne Morphin für das Kind riskant, wenn nicht sogar lebensgefährlich ist. Tatsächlich kann ein neonataler Opiatentzug tödlich enden, auch wenn die Berichte aus der Zeit vor der neonatalen Intensivmedizin stammen und auch damals Todesfälle selten waren (JAMA 1947; DOI: 10.1001/jama.1947.62890100006006c).

Studie

Das US-amerikanische „National Institute of Child Health and Human Development“ lässt den Nutzen und die Sicherheit des ESC-Konzepts in einer randomisierten Studie untersuchen. Die ACT NOW-Gruppe („Advancing Clinical Trials in Neonatal Opioid Withdrawal“) hat zwischen September 2020 und März 2022 insgesamt 1.305 Säuglinge in 26 US-Krankenhäusern auf eine Klassifizierung nach dem adaptierten Finnegan-Score mit anschließender konventioneller Behandlung oder auf das ESC-Konzept randomisiert. Der primäre Endpunkt der Studie war die Zeit von der Geburt bis zur möglichen Entlassung aus der Klinik. Wie Leslie Young vom Larner College of Medicine in Burlington/Vermont und Mitarbeiter berichten, wurde dieser Zeitpunkt in der ESC-Gruppe nach 8,2 Tagen erreicht gegenüber 14,9 Tagen in der Gruppe mit konventioneller Versorgung. Die adjustierte mittlere Differenz von 6,7 Tagen war mit einem 95-%-Konfidenzintervall von 4,7 bis 8,8 Tagen signifikant.“*

Die Studie wurde im Artikel verlinkt.

 

* aus der Artikelbeschreibung

Zum Artikel
www.aerzteblatt.de

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